Die Schnellerbatzensage
Autor: Buschn-Hans
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Im Ortseil Röthenbach gab es früher einen doch recht weit abgelegenen Glashüttenstandort - gemessen an den etwa 56 weiteren Hütten im Oberpfälzer und Bayerischen Wald. Nahe dran aber an der Rohglas-abnehmenden Industrie in Fürth - und seit 1873 durch die Bahnstrecke Weiden – Nürnberg bestens angebunden. Gute Voraussetzungen also, hier produziertes Spiegelglas über den Röthenbacher Bahnhof zu versenden. Das Material wurde in den fränkischen Werken mit Silber oder Quecksilber belegt und die Spiegel in großem Ausmaß zwischen 1870 und 1890 in die USA exportiert. Es ist also anzunehmen, daß in manchen vornehmen Herrschaftshäusern der amerikanischen Ostküste oder auch in Saloons des Wilden Westens’ Röthenbacher Spiegelglas an der Wand hing.
„Geboren“ wurde das Glas in dem Kohlberger Ortsteil nach althergebrachten Herstellungsverfahren. Das Gemenge aus Quarzsand, Kalk und Soda wurde in kegelförmigen Töpfen, sogenannten „Häfen“ in die Hafenofen aus Schamotte-Stein gestellt. Bei einer Temperatur von etwa 1400 Grad verflüssigte sich das Material. Der Glasmacher zog dann mit der Glaspfeife die benötigte Menge weißglühende Masse aus dem Ofen, blies und drehte das Material zu einer immer größer werdenden Hohlkugel und schließlich zu einem zylinderförmigen „Glaswalzl“. Im Streckofen wurde das Ganze dann geplättet, später sorgfältig geschliffen, dussiert (von Hand nachgeschliffen) und schlußendlich noch im Polierblock mit Filz endbehandelt. Der Fertigungsprozeß in der eigentlichen Glashütte war also nur ein Teil der Herstellung. Es wurde auch nicht rund um die Uhr gearbeitet, wie heute.
Burkhard von Grafenstein schreibt dazu :Wenn die Glasmacher „a Sitzweil“ hatten, erzählten sie sich auch allerhand Geschichten. So zum Beispiel auch die „Schnellerbatzensage“ mit dem Pochermann, wie es einen auch in Röthenbach gab. Der Pochermann mußte nach der Schmelze die Glasreste aus den Häfen entfernen. Die Häfen wurden dann im Pocherwerk zertrümmert und die Tonscherben zermahlen. Dabei hatte er Tag und Nacht zu arbeiten, denn der Schmelzer wartete immer schon auf die neuen Häfen (welche zum Teil aus dem Altmaterial hergestellt wurden). Und so beginnt die „Schnellerbatzensage“, welche ihm vom Sohn eines Glasmachers erzählt wurde:
Eines Abends kam der Teufel in die Pocherschupfe und warb um die Seele des armen Pochermanderls: „Das kann doch nicht so weitergehen. Die Glasmacher machen sich abends ein schönes Leben und du mußt Tag und Nacht arbeiten. Komm doch mit mir zum Arbeiten in die Hölle, da hast du es schöner wie hier!“ Der Pochermann hatte sofort gemerkt, daß der Teufel es auf seine Seele abgesehen hatte und schlug ein besonderes Spiel vor: Jeder teilt dem anderen zehn Schnellerbatzen mit dem Finger auf die Schläfe aus. Verträgt der Pochermann mehr als der Teufel – das Ganze kann recht schmerzhaft sein – hat er gewonnen und der Gang in die Hölle bleibt ihm erspart.
Der Teufel – immer für ein Spiel zu haben – willigte ein, auch in die Vorgabe des Pochermanderls, daß jeder, der die Schnellerbatzen empfängt, sich die Augen verbinden lassen müsse. Als er nun dem Teufel die Augenbinde umgelegt hatte, holte das Pochermanderl flugs seinen großen Hammer unterm Tisch hervor und schlug ihm den Teufel um die Ohren. Jämmerlich schrie der Teufel auf, riß sich die Augenbinde vom Kopf und blickte wirr um sich: „Mit welchem Finger hast du da bitte g’schnalzt!?“ Und der Pochermann, der den Hammer rasch wieder versteckt hatte, antwortete scheinheilig: „Zum Anfang erstmal nur mit dem kleinen Finger.“ „Was?“, rief der Teufel ungläubig: „Nein, ich habe keine Lust mehr, ich geb auf, behalt’ deine Seel’!“ Und verschwand.