Fensterblick für Feldlerchen
Text: Johann Müller
Drei Landwirte schaffen beim Wintergetreide mit ein paar Meter nicht angesätem Ackerland Nistplätze für gefährdete Bodenbrüter. LBV und OWV danken ihnen.
Ein Dankeschön für Freunde von Feldlerchen. Bernd Bauer (links) vom OWV und Adolf Küblböck vom LBV haben Süßes, Flüssiges und Informatives für Herbert Forster (Mitte) und Gerhard List (rechts) dabei. Der Hannersgrüner Vogelschützer Manfred Häring (Zweiter von rechts) wird die Präsenttasche an Christian Lehner weitergeben, der beim Treffen nicht anwesend war.
Man sieht sie im hohen Getreide so gut wie gar nicht, aber sie sind für Bodenbrüter wie Feldlerchen über-lebenswichtig. Die Rede ist von so genannten Lerchenfenstern auf den Äckern. Also etliche Meter nicht bepflanztes Land, auf dem die Vögel ungestört zwischen Gras und Wildkräutern ihre Brut aufziehen, starten und landen können.
Die Landwirte Gerhard List, Herbert Forster und Christian Lehner haben letztes Jahr bei der Wintergetreide-Aussaat über 30 solcher Leerstellen im Acker geschaffen. Andere Bauern vielleicht auch, aber die sind nicht bekannt. „Na ja, wir heben da halt die Sämaschine für ein paar Meter hoch“, sagen sie bescheiden. Gut, dass es noch Bauern gibt, denen nicht auch der letzte Quadratzentimeter Boden Nutzen bringen soll, denn diese wenigen Schrittlängen brauchen die Feldlerchen dringend zum Überleben. Jetzt erhielten die Drei ein dickes Lob von Adolf Küblböck vom LBV und den OWV-Vogelwarten Bernd Bauer und Manfred Häring. Um die Sache noch etwas zu versüßen, Honig und Wein sowie etliches Infomaterial.
„Was ihr da macht, ist für alle eine gute Sache“, lobte der LBV-Ehrenvorsitzende und Bauer erinnerte daran, dass bereits seit 2011 Gründörferer und Kohlberger Landwirte auf seine Anregung hin Lerchenfenster auf den Äckern anlegen. Wichtig dabei ist, dass die nicht bei den Fahrspuren der Maschinen liegen, denn Füchse, Marder und Co. laufen da auf ihrer Futtersuche gerne entlang. Häring erklärte: „Die Vögel arbeiten sogar für die Landwirte, indem sie bei ihrer Futtersuche die Schadinsekten im Getreideacker reduzieren“. Küblböck: „Ganz wichtig ist es, immer wieder mit den Landwirten zu reden, denn wir vom LBV wollen ja kein Gegeneinander, sondern, dass wir zusammen unsere Natur und Heimat erhalten! Und da treffen wir bei den Bauern auf viel Verständnis.“
Ein Blick in Statistiken zeigt für Feldlerchen (und weitere Bodenbrüter) eine alarmierende Situation. Bereits zum zweiten Mal wurde sie heuer vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) und dem Landesbund für Vogelschutz (LBV) zum Vogel des Jahres bestimmt. Aber nicht, weil sie am blauen Sommerhimmel so herrlich zwitschert, sondern weil der Lerchenbestand drastisch abnimmt. Seit 1980 um mehr als die Hälfte. Die Ursachen sind vielfältig, intensivere Landwirtschaft mit deutlich mehr Wintergetreide, Mais- und Rapsanbau, große Ackerflächen ohne Rückzugsmöglichkeiten, Intensivgrünland zu wenig Brachen und so weiter. In ganz Europa sieht es für diese Vogelart ähnlich dramatisch aus. Dazu kommen noch Verluste durch Nesträuber und die Vogeljagd in Südeuropa, dem Winterquartier. Von bis zu drei Bruten im Jahr mit je bis zu vier Eiern erreicht heute gerade mal ein Jungvogel sein Erwachsenenalter.
Ansätze zum Überleben der Lerchen gibt es, aber die scheitern oft daran, dass die Landwirte finanziell mit dem Rücken zur Wand stehen. Hier müsste also die Agrarpolitik der EU neue Richtlinien setzen, damit ein Mosaik verschiedener Feldnutzungen entsteht, Brachen erhalten werden, Wiesen mehr extensiv bewirtschaftet, Pestizideinsatz reduziert wird und so weiter. Es sieht derzeit aber nicht danach aus, dass ein Umdenken der Politiker und Lobbyisten einsetzt. Oder wie es Vogelschützer Bauer formuliert: „Wir können zwar die Welt nicht retten, aber den Geschöpfen vielleicht doch ein bisschen was Gutes tun!“
Der Naturschutzbund fordert, dass die Wende durch die Politik in Berlin und Brüssel erreicht wird: „Sie darf die Verantwortung weder auf Verbraucher noch auf die Landwirte abwälzen“. Die derzeitigen Neuverhandlungen der EU-Agrarpolitik bieten die Chance, dem weiteren Artensterben Einhalt zu gebieten. Damit auch noch spätere Generationen über Getreideäckern, an blühenden Wiesen mit reichlich Insekten, auf Mooren und Heideflächen Lerchengezwitscher hören können.
Der ehemalige Allerweltsvogel hat mit seinem fröhlichen Gesang schon immer Naturfreunde und Dichter inspiriert. Himmelsvogel hat man ihn genannt, Symbol der Heiterkeit, des Morgens Herold und so weiter. Ihre Fähigkeit, bis auf 200 Meter trillernd hochzusteigen stand für Goethe für die Fähigkeit des Geistes, Begrenzungen des Körpers hinter sich zu lassen und ihr lateinischer Name „Alauda“ wurde in der christlichen Symbolik als „Lauda deum“, „Lobe Gott“, gedeutet.
Ein Lerchenfenster bei der Aussaat. Im hohen Getreide später fast nicht mehr auszumachen, aber für die Feldlerchen dann eine Überlebenschance.
Foto: Johann Müller