Wildkatzen mit Baldrian aufgespürt
Autor: Johann Müller
Scheue Tierart zwischen Buchberg und Kohlbühl festgestellt.
Sollten sie jetzt Leute im Winterwald sehen, die an Holzpflöcken schrubben, sie mit Flüssigkeit einsprühen und das alles akribisch notieren, dann sind sie einem Naturschützer in Aktion begegnet. Bereits seit dem Jahr 2012 läuft mit „Wildkatzen-Sprung“ eine bundesweite Erfassungsaktion um das Vorkommen dieser seltenen Tierart zu ermitteln. Finanziert wird es von der Bundesforstverwaltung und dem Bund Naturschutz in Bayern.
Um noch genauere Daten als in den letzten drei Jahren zu erhalten, wurde es gerade um ein Jahr verlängert. Der neue Erhebungsschwerpunkt liegt dann aber in Südbayern. An drei Standorten werden bisher Daten gesammelt, im Spessart, im Bereich Hassberge und bei Kohlberg zwischen Buchberg und Kohlbühl. Acht Naturschützer, unter anderem auch der Kohlberger OWV-Mann Bernd Bauer suchen hier Nachweise für Wildkatzen im Wald. Rudolf Leitl, der Gebietsbetreuer beim Landschaftspflege-Verband Amberg-Sulzbach e. V. betreut die Aktion.
Auf einer Fläche von 15 x 15 Kilometern wurden für die Aktion 50 Holzpflöcke („Lockstöcke“) in festgelegten Rasterzellen gesetzt. Diese werden gleichmäßig mit Baldriantinktur eingesprüht, die Wildkatzen magisch anzieht und zum „Schuppern“ an den Pflöcken verleitet. Tierhaare, die dann an den Pflöcken hängen bleiben werden mit Pinzetten abgesammelt und auf DNA-Spuren mit mitochondrialen Markern hin untersucht.
Zwischen Januar und März liegt die Paarungszeit dieser Katzen, wo dann die Pflöcke regelmäßig kontrolliert, gereinigt, abgeflammt und neu mit Lockstoff besprüht werden. Von anderen Tierspuren belastete Pflöcke werden durch die Monitoring-Betreuer ausgetauscht, da Wildkatzen nur saubere Plätze markieren. Die Daten werden in umfangreichen Erhebungsbögen erfasst. Auch OWV-Mann Bauer wurde in seinem Gebiet fündig. Ein Wildkatzen-Kater, der auch schon im Raum des Teichlberges bei Pechbrunn festgestellt wurde, hat hier Haare gelassen. „Das war aber wohl ein Einzelgänger, der nur durchwanderte“, mutmaßt er.
Vor über hundert Jahren hat man die Wildkatze bei uns ausgerottet. Man schätzt, dass jetzt aber wieder etwa zwei bis dreihundert der scheuen Tiere in Bayern leben. In Spessart, Rhön und dem Landkreis Hassberge sind die größten Populationen. Aber auch im Truppenübungsplatz Grafenwöhr wurden sie nachgewiesen. Ihnen mal in freier Natur zu begegnen, ist aber äußerst unwahrscheinlich. Ein Waidmann hatte jedoch das Glück, letztes Jahr zwischen Weiden und Parkstein eine Wildkatze auf seiner Pirsch zu beobachten. Meistens werden sie von Fotofallen an den Lockpflöcken gefilmt.
Wildkatzen sind grau getigert, etwas kräftiger und robuster als Hauskatzen. Der dunkle Aalstrich auf dem Rücken endet an der dicken Endquaste des buschigen Schwanzes. Die Katzenmütter werfen jährlich zwei bis drei Jungtiere. Wenn diese das erste Jahr überleben, werden sie in freier Wildbahn bis zu zehn Jahre alt. Natürliche Feinde kennen sie bei uns kaum. Aber Jäger erlegen vereinzelt welche, weil man sie leicht für wildernde Hauskatzen halten kann. Die Tiere mögen waldreiche Gegenden mit Laubbäumen, hohem Totholzanteil und felsige Regionen mit Gesteinsspalten als Ruheräume und zur Aufzucht. In unseren Nutzholzwäldern finden sie kaum geeignete Lebensräume.
Sie jagen nahezu ausschließlich Mäuse, nur gelegentlich auch mal eine Vogelbrut oder Junghasen.
Im Gegensatz zu Hauskatzen sind sie nicht wasserscheu, so dass ihnen auch mal ein Fisch in die Krallen kommt. Ihr Jagdrevier beträgt je nach Beutevorkommen zwischen 20 und 50 Quadratkilometer. Europäische Wildkatzen gehören seit jeher zu unserer Natur. Es gibt sie in mehreren Arten. Hauskatzen und Wildkatzen vermischen sich aber hier so gut wie nie, die gehen sich lieber aus dem Weg
Wildkatzen-Fotos: Hubert Schraml, restliche Fotos: Bernd Bauer